Darm an Hirn: Entspann Dich!

Dass unser Verdauungstrakt mit dem Hirn in Verbindung steht, wissen wir alle aus eigener Erfahrung! Nur zu gut erinnern wir uns daran, wie uns in Stress-Situationen wie einer bevorstehenden Prüfung der Appetit gründlich vergangen ist. Auch Redensarten wie „sich vor Angst in die Hosen machen“ kommen nicht von ungefähr. In beiden Fällen ist es der psychische Druck, der sich auf die Aktivität des Verdauungsapparates auswirkt. Anders ausgedrückt: Der Kopf signalisiert, und der Darm reagiert. In der Mehrzahl der Fälle jedoch – und das ist eine spektakuläre Erkenntnis – sind die Rollen von Sender und Empfänger umgekehrt verteilt: Tatsächlich fließen 90 % der Informationen über die gemeinsame Datenleitung vom Darm zum Kopf! Umgangssprachlich war auch diese Verbindung schon lange etabliert, bevor die Forschung den Beweis dafür geliefert hat: Wir alle haben schon mal eine Entscheidung „aus dem Bauch heraus“ getroffen oder ein ungutes Bauchgefühl verspürt. Indizien für ein „Bauchgehirn“? Neueste Erkenntnisse aus der Forschung sprechen dafür!

Die Darm-Hirn-Achse.

Der Darm verfügt mit ca. 500 Mio. Nervenzellen über ein eigenständiges Nervensystem. Dieses sogenannte enterische Nervensystem funktioniert unabhängig vom Zentralnervensystem, beide stehen jedoch über die sogenannte Darm-Hirn-Achse in Verbindung. Sie ist sozusagen die Datenleitung, auf der Signale in Form von Neurotransmittern, Hormonen oder elektrischen Nervenimpulsen übertragen werden.

Psychobiotika: Bakterien als Stimmungsaufheller.

Neueste Forschungen haben gezeigt, dass auch die Darmflora Informationen in die Datenleitung Darm-Hirn-Achse einspeist: Bestimmte Darmbakterien sind in der Lage, ebenfalls Neurotransmitter wie Serotonin, Dopamin und Gamma-Amino-Buttersäure (GABA) zu produzieren bzw. ihren Wirkungsgrad zu beeinflussen. Serotonin und Dopamin werden umgangssprachlich auch als „Glückshormone“ bezeichnet; ein Mangel an GABA steht mit einem erhöhten Angstempfinden in Verbindung. Immer mehr Untersuchungen deuten darauf hin, dass eine gestörte Darmflora, in der diese nützlichen kleinen Stimmungsmacher in der Unterzahl sind, Angst, depressive Verstimmungen und Stress zumindest mitverursachen kann. Im Umkehrschluss bedeutet das: Eine ausgewogene Darmflora mit einem hohen Anteil dieser Bakterien könnte über die Darm-Hirn-Achse unsere Gefühlslage, unsere Emotionen und unser Stress-Empfinden günstig beeinflussen. Für solche Darmbakterien mit positiven Auswirkungen auf unsere Psyche haben Wissenschaftler den Begriff „Psychobiotika“ geprägt.

Neurotransmitter.

Neurotransmitter sind Botenstoffe, die Informationen zwischen den Nervenzellen übertragen. Neurotransmittersysteme vermitteln zwischen den Nervenzentren und regulieren unter anderem Stress, lösen Glücksgefühle aus und sorgen für inneren Antrieb oder Entspannung. Dazu gehören Stresshormone wie Adrenalin und Cortisol – aber auch deren Gegenspieler wie Serotonin oder Dopamin.

Stress im Kopf – Stress im Darm.

Stress ist in unserer schnelllebigen Welt allgegenwärtig. Ein gewisses Maß an Stress wird von den meisten Menschen auch als gut empfunden – wohl deshalb, weil der Hormoncocktail, den unser Körper als Reaktion darauf ausschüttet, uns zu Höchstleistungen antreibt: Der Blutdruck steigt, die Sinne sind geschärft, die Muskeln angespannt. Entscheidend ist, wie lange dieser Alarmzustand des Körpers anhält: Chronischer Stress – und damit der dauerhafte Einfluss von Stresshormonen – kann den Körper schädigen. Unter anderem wird die Darmbarriere durchlässiger; und auch die Darmflora leidet unter den Auswirkungen. Dies wiederum verstärkt die körperliche Stress-Reaktion.

Bewusste Auszeiten sind deshalb nicht nur wichtig, um dem Kopf eine Pause zu gönnen – sie haben auch ganz konkrete körperliche Effekte. Umgekehrt lohnt es sich, die Darmflora zu pflegen und in Balance zu halten – gerade in stressigen Lebensphasen. Denn genauso, wie Stress Auswirkungen auf den Verdauungstrakt hat, kann umgekehrt eine ausgewogene Darmflora die Stress-Reaktion des Körpers abpuffern und negative Effekte abmildern. Verkürzt ausgedrückt: Je gesünder die Darmflora, desto höher die Stress-Resistenz!