Übersäuerung: Wenn der Säure-Basen-Haushalt aus dem Gleich­gewicht ist 

Sauer macht lustig? Für den menschlichen Organismus gilt das nicht unbedingt. Eine unausgewogene Ernährung, Stress und schädliche Umwelteinflüsse können die Säureproduktion des Körpers beeinflussen und sich auf unser Wohlbefinden auswirken. Hier erfahren Sie mehr über den körpereigenen Säure-Basen-Haushalt, wie sich eine Übersäuerung äußert und wie Sie Säuren und Basen wieder ins Gleichgewicht bringen. 

Darum ist das Säure-Basen-Gleichgewicht so wichtig 

Sowohl Säuren als auch Basen erfüllen wichtige Funktionen im menschlichen Stoffwechsel. Ein Beispiel ist die Magensäure, ohne die unsere Verdauung nicht funktionieren würde. Der individuelle pH-Wert der Organe und Körpersekrete ist entscheidend für das reibungslose Funktionieren des Stoffwechsels. Er wird auf einer Skala von 0 bis 14 gemessen und gibt an, wie sauer bzw. basisch eine Lösung ist. Während im Magen ein stark saures Milieu herrscht (pH-Wert 1,0-4,0), haben der Darm und die Bauchspeicheldrüse basische pH-Werte bis 8,0. Auf der Haut, einer unserer wichtigsten anatomischen Schutzbarrieren gegen eindringende Krankheitserreger, liegt der pH-Wert im sauren Bereich bei etwa 4,5. Abhängig von der Tageszeit und von äußeren Einflüssen können die pH-Werte der Organe schwanken. Das ist völlig normal, denn der Körper verfügt über wirksame Mechanismen, um überschüssige Säuren zu binden und zu neutralisieren, damit der Säure-Basen-Haushalt in einem gesunden Gleichgewicht bleibt. 

Was passiert bei einer Übersäuerung? 

Säuren entstehen auf natürliche Weise bei der Energiegewinnung des Körpers. Vor allem eiweißreiche Lebensmittel wie Fleisch, Eier und Getreide enthalten hohe Anteile an schwefel- und phosphathaltigen Verbindungen, die im Körper sauer verstoffwechselt werden. Verschiedene Puffersysteme arbeiten zusammen, um die entstehenden Säuren abzubauen. Der wichtigste Säurepuffer ist Bicarbonat, das die überschüssigen Säuren u. a. im Blut bindet. Dabei zerfallen sie zu Wasser und Kohlendioxid, das wiederum über die Lungen abgeatmet wird. Auch die Nieren tragen zur Säureregulation bei, indem sie die anfallenden Wasserstoffione über den Urin ausscheiden. Über die Ernährung zugeführte Basen hingegen werden ins Blut zurückgeführt, wo sie ebenfalls zur Neutralisierung saurer Stoffwechselprodukte beitragen. 

Normalerweise halten die hocheffektiven Puffersysteme den Säure-Basen-Haushalt im Gleichgewicht. Unter dem Einfluss einer ungünstigen Ernährungs- und Lebensweise können sie aber an ihre Grenzen gelangen. Das kann einen Mineralstoffmangel zur Folge haben, denn die Säurepuffer bedienen sich aus der Mineralstoffzufuhr des Körpers: Je mehr Säuren neutralisiert werden müssen, desto weniger Mineralstoffe stehen dem restlichen Organismus zur Verfügung. Häufig zeigt sich eine latente Übersäuerung auch in einem erhöhten Urin-pH-Wert, da die Nieren größere Mengen an Säuren ausscheiden müssen. 

Symptome einer Übersäuerung 

Eine latente Übersäuerung verläuft oft schleichend und mit vielfältigen Anzeichen. Daher wird sie oft erst spät erkannt. Der anhaltende Säureüberschuss kann das Wohlbefinden deutlich beeinträchtigen, z. B. indem wir uns ständig müde und antriebslos fühlen. Weitere Anzeichen, die auf eine Übersäuerung hindeuten können: 

Übersäuerung des Körpers
  • Sodbrennen
  • Kopfschmerzen
  • Verspannungen und Muskelkrämpfe
  • Diffuses Unwohlsein
  • Erhöhte Infektanfälligkeit
  • Fahle, unreine Haut
  • Brüchige Fingernägel
  • Haarausfall oder Schuppen

Schmerzen bei Übersäuerung 

Reichen die natürlichen Puffersubstanzen nicht mehr aus, um das Ungleichgewicht im Säure-Basen-Haushalt auszubalancieren, muss der Körper auf Notreserven zurückgreifen. Dazu werden dem Gewebe wichtige basische Mineralstoffe wie Kalzium, Magnesium und Kalium entzogen, um den Säureüberschuss zu neutralisieren. Der anhaltende Verlust dieser Stoffe, aber auch die bei der Neutralisierung entstehenden Salze, können Knochen- und Gewebestrukturen beeinträchtigen. Eine erhöhte Knochenbrüchigkeit (Osteoporose), schmerzhafte Muskelverhärtungen und entzündliche Gelenkerkrankungen wie Arthritis werden inzwischen im Zusammenhang mit einer latenten Übersäuerung diskutiert. 

Ursachen für einen Säureüberschuss 

Ein gesunder Organismus kann Säuren und Basen in der Regel selbst bei einseitiger Ernährung im Gleichgewicht halten. Kommen jedoch noch weitere negative Einflüsse hinzu, geraten die Regulationssysteme des Körpers an ihre Grenzen.

Kaffee und Alkohol: 

Die Genussmittel regen die Bildung von Magensäure an und enthalten Stoffe, die im Körper sauer verstoffwechselt werden. 

Stress: 

Stress steht in gleich dreifachmehrfacher Hinsicht im Verdacht, eine latente Übersäuerung zu begünstigen. Die Stresshormone Adrenalin, Noradrenalin und Cortisol werden einerseits sauer verstoffwechselt, sie verändern aber auch die Atmung. Infolgedessen steht weniger Sauerstoff für den Abtransport von Abfallstoffen aus dem Blut zur Verfügung. Schließlich mobilisiert der Körper im urzeitlichen Fluchtmodus für den Einsatz der Muskeln sämtliche verfügbaren Vitalstoffe, die dann den Entgiftungsorganen für ihre Arbeit fehlen. 

Radikale Diäten: 

Auf Hungerphasen – durch lange Fastenperioden oder einseitige Diäten – reagiert der Körper sauer. Fehlt ihm aufgrund der verminderten Kalorienzufuhr der Nahrungsnachschub, greift er die Fettreserven an. Bei deren Abbau werden Ketosäuren gebildet, die kurzfristig eine Übersäuerung des Gewebes bewirken können. 

Diese Lebensmittel wirken säurebildend 

Welche Säurebelastung ein Lebensmittel hat, ist unterschiedlich. Zu den stärksten Säurebildnern gehören aber tierisches Eiweiß, Zucker und Getreide.

  • Fleisch 
  • Wurst  
  • Fisch  
  • Milchprodukte  
  • Hart- und Weichkäse 
  • Getreide (insbesondere Weizen) 
  • Hülsenfrüchte
  • Kohlensäurehaltige Getränke
  • Alkohol
  • Kaffee
  • Schwarzer und grüner Tee
  • Eier
  • Zucker

Wie finde ich heraus, ob mein Körper übersäuert ist? 

Eine kritische Prüfung der eigenen Ernährungsgewohnheiten ist ein guter erste Schritt bei Verdacht auf eine Übersäuerung. Auch exzessiver Sport oder radikale Hungerkuren können eine Gewebsübersäuerung hervorrufen. Konkrete Zahlen liefert eine Messung des pH-Werts im Urin. Er dient als erster Indikator für die Bewertung des Säure-Basen-Haushaltes. Die Messung wird mit pH-Teststreifen mehrmals täglich vorgenommen und die ermittelten Werte in eine Tabelle eingetragen. Die Fragen rund um Ursachen oder Behandlungsmöglichkeiten eines übersäuerten Körpers kann ein Urintest natürlich nicht beantworten. Für eine eindeutige Diagnose sollte daher ein Arzt aufgesucht werden.

Übersäuerung vorbeugen durch gesunde Lebensweise 

„Du bist, was du isst“ – dieses Sprichwort gilt auch für den Säure-Basen-Ausgleich. Insgesamt kann eine gesunde Lebensweise dazu beitragen, die Säureproduktion des Körpers langfristig im Gleichgewicht zu halten.

  • Fleischkonsum reduzieren  
  • Kleine Mengen Kaffee und Alkohol 
  • Auf Nikotin verzichten 
  • Basenreiche Ernährung mit viel frischem Obst und Gemüse 
  • Selbstgekochtes statt Fertignahrung  
  • Schonende Zubereitung (Dämpfen, Dünsten)
  • Hungerkuren vermeiden
  • Stress reduzieren
  • Regelmäßige Bewegung
  • Körperliche Überlastungen (z. B. durch zu intensiven Sport) vermeiden

Übersäuerung vs. Azidose 

Häufig wird der Begriff „Azidose“ für einen übersäuerten Körper verwendet. Eine „echte“ Azidose hat allerdings wenig mit einer latenten Übersäuerung durch Fehlernährung gemein. Bei einer Azidose rutscht der pH-Wert des Blutes in den sauren Bereich, wodurch sich die Atmung verändert. Ohne ärztliche Behandlung kann eine Azidose lebensgefährlich sein. Bei den typischen Anzeichen einer latenten Übersäuerung muss man sich allerdings keine Sorgen machen, dass eine Azidose vorliegt: Mit einer Ernährungsumstellung und einer achtsamen Lebensweise lassen sich unliebsame Anzeichen wie Müdigkeit, Verdauungsbeschwerden und Kopfschmerzen häufig wieder in den Griff bekommen.