Probiotika: Wie uns Milchsäure­bakterien nützen 

Mikroben – bei diesem Begriff schrillen bei vielen Menschen die Alarmglocken. Aber unter der Vielzahl von Bakterien, die unsere Haut, Organe und Schleimhäute bevölkern, befinden sich viele sehr nützliche Mikroorganismen. Sie sind Teil unserer evolutionsbiologischen Schutzausrüstung, die wir seit Urzeiten in uns tragen. Gerät das sogenannte Mikrobiom aus dem Gleichgewicht, kann das Folgen für unser Wohlbefinden haben. Erfahren Sie hier mehr über die Bedeutung von Probiotika für die Darmflora und das Immunsystem. 

Was sind Probiotika? 

Im Darm eines gesunden Erwachsenen tummeln sich Billionen von Bakterien und Pilzen. Gemeinsam bilden sie das Mikrobiom, die sogenannte Darmflora. Vor allem Milchsäurebakterien spielen eine wichtige Rolle bei der Nährstoffverwertung. Auch für verschiedene Funktionen unseres Immunsystems sind sie von großer Bedeutung. In der Lebensmittelherstellung ist der Nutzen bestimmter Pilz- und Bakterienkulturen seit Jahrtausenden bekannt – und auch in der Medizin werden die „guten“ Mikroorganismen vermehrt geschätzt. Ihren gesundheitsfördernden Eigenschaften verdanken die Probiotika auch ihren Namen: „Probiotikum“ setzt sich zusammen aus dem lateinischen Wort pro (für) und dem griechischen bios (Leben). In den allgemeinen Sprachgebrauch haben es die Probiotika dank verschiedener Zubereitungen geschafft, die aktive Bakterien, aber auch Pilze und Hefezellen enthalten.  

Die rund 2500 verschiedenen Arten von Darmbakterien siedeln vor allem in unserem Dick- und Enddarm. Dorthin gelangen sie bereits während des Geburtsvorgangs. Innerhalb der ersten zwei bis zweieinhalb Lebensjahre entwickelt sich daraus ein stabiles Mikrobiom. Insbesondere Bifidus- und Milchsäurebakterien sind für eine gesunde Darmflora entscheidend, denn ihre Stoffwechselprodukte behindern das Wachstum unerwünschter Keime. Das ist aber nur eine der Funktionen, die Probiotika für ein intaktes Immunsystem haben. 

Präbiotika und Synbiotika 

Präbiotika werden oft in einem Atemzug mit Probiotika genannt. Anders als bei den Probiotika handelt es sich dabei jedoch nicht um lebende Mikroorganismen, sondern um Ballaststoffe, die den Probiotika als Nahrung dienen. Das Besondere an Präbiotika ist, dass sie nicht wie andere Nahrungsbestandteile schon im oberen Magen-Darm-Trakt verdaut werden. So gelangen sie in den Dickdarm, wo sie von Lactobazillen und Bifidobakterien vertilgt werden. Zu den wichtigsten präbiotisch wirksamen Substanzen gehören Oligofruktose und Inulin, eine Untergruppe der Fruktane. Sie sind in größerer Menge z. B. in Vollkorngetreide, Lauch, Artischocken oder Banane enthalten. Präbiotika beeinflussen die Zusammensetzung der Darmflora positiv, können Verstopfungen vorbeugen und z. B. die Kalziumverwertung unterstützen. Nahrungsergänzungsmittel und andere Produkte, die Probiotika und Präbiotika enthalten und deren gesundheitliche Vorteile kombinieren, bezeichnet man als Synbiotika.

Was bewirken Probiotika im Darm? 

Rund 70 Prozent der Immunzellen befinden sich im Darm. Damit übernimmt das Organ eine wesentliche Funktion für unsere körpereigenen Abwehrkräfte. Eine intakte Darmflora trägt entscheidend dazu bei, das Immunsystem zu stabilisieren. Doch für was sind Probiotika gut und was bewirkt ein gesundes Mikrobiom eigentlich genau? 

  • Unterstützung der Immunfunktion: Probiotische Bakterien konkurrieren mit krankmachenden Keimen um Nahrung, wehren sie aktiv ab und fördern gleichzeitig die Bildung von Immunzellen. Ein gesundes Mikrobiom ist deshalb essenziell für starke Abwehrkräfte.  
  • Unterstützung der Vitaminproduktion: Die probiotischen Bakterien der Darmflora unterstützen die Produktion wichtige Vitamine, darunter Biotin, Vitamin B2, B12 und K sowie Folsäure.  
  • Schutz vor Allergien und Lebensmittelunverträglichkeiten: Die Ergebnisse verschiedener Studien weisen darauf hin, dass eine große bakterielle Vielfalt der Darmflora das Risiko allergischer Erkrankungen senken kann.  
  • Verbesserte Aufnahme von Medikamenten: Der Darm ist der Hauptaufnahmeort vieler Wirkstoffe. Eine gesunde Darmflora kann im Einzelfall die Resorption erleichtern. 

Welche probiotischen Lebensmittel gibt es? 

Viele fermentierte Lebensmittel schmecken nicht nur gut, sie enthalten auch wertvolle Milchsäurebakterien, die die Darmflora auf natürliche Weise unterstützen. Hier gilt: Am besten zu möglichst naturbelassenen und natürlich hergestellten Lebensmitteln greifen. So enthält z. B. industriell hergestellter Fruchtjoghurt kaum Probiotika, traditionell gereifter Naturjoghurt dagegen sehr viel.

Autoimmunkrankheit

Die Top 10 der probiotischen Lebensmittel 

1. Natur-joghurt

Eine Quelle für Probiotika kann Naturjoghurt sein. Er entsteht, wenn Rohmilch durch Milchsäurebakterien fermentiert wird. Naturjoghurt beeinflusst die Darmflora und kann eventuell bei Verstopfung oder Durchfall helfen.

2. Kefir

Das Sauermilchprodukt aus der Kaukasus-Region wird traditionell aus Kuh-, Schafs- oder Ziegenmilch hergestellt. Anders als beim Joghurt wird der Gärungsprozess nicht nur durch Milchsäurebakterien, sondern auch durch Hefen verursacht. Kefir enthält noch mehr Bakterien als Joghurt.

3. Sauerkraut

Sauerkraut entsteht durch die milchsaure Gärung von Weißkohl. Rohes Sauerkraut ist ein optimales probiotisches Lebensmittel – pasteurisiertes Sauerkraut aus der Dose jedoch enthält durch die Erhitzung keine probiotischen Bakterien mehr.

4. Miso

Die Würzpaste aus der japanischen Küche besteht meist aus Sojabohnen und Getreide. Während der langen Reifezeit gärt die Masse und erhält durch die Milchsäurebakterien ihren charakteristischen Geschmack.

5. Saure Gurken

Nicht zu verwechseln mit Essiggurken: Lebende Probiotika finden sich nur in milchsauer eingelegten Gurken. Die Gurken werden in einer Mischung aus Wasser, Kräutern, Zucker und Salz vergoren und besitzen deshalb einen hohen Gehalt an probiotischen Milchsäurebakterien.

6. Kombucha

Kombucha entsteht durch das Vergären von gesüßtem Tee durch einen speziellen Pilz. Der Kombucha-Pilz ist jedoch – genau wie die Kefir-Knolle – vielmehr eine Lebensgemeinschaft verschiedener Hefen und Essigsäure-Bakterien. Frischer Kombucha ist ein schmackhaftes probiotisches Getränk – industriell hergestellter Kombucha dagegen enthält keine lebenden Probiotika mehr.

7. Apfelessig

Apfelessig wird aus Apfelwein gewonnen und enthält reichlich Essigsäure- und Milchsäure-Bakterien mit positivem Einfluss auf die Darmflora.

8. Käse

Auch Käse, der nicht pasteurisiert wurde, enthält lebende Milchsäurekulturen und zählt daher zu den probiotischen Lebensmitteln. Dazu gehören unter anderem Cheddar, Gruyère, Gouda, Provolone und Parmesan.

9. Tempeh

Tempeh ist ein fermentiertes Soja-Produkt und enthält neben probiotischen Kulturen reichlich Eiweiß und Ballaststoffe.

10. Kimchi

Kimchi ähnelt dem deutschen Sauerkraut und stammt ursprünglich aus Korea. In einem Jahrtausende alten Verfahren wird Chinakohl unter Zugabe von Salz und Gewürzen fermentiert. Kimchi ist reich an Milchsäurebakterien, Ballaststoffen, Proteinen sowie Vitaminen und gilt deshalb als eines der gesündesten Lebensmittel der Welt.

Wann sollte man Probiotika nehmen? 

Der Verzehr von Probiotika kann ganz allgemein der Unterstützung des Immunsystems und der Steigerung des allgemeinen Wohlbefindens dienen. Er empfiehlt sich aber insbesondere dann, wenn das empfindliche Ökosystem in der Darmschleimhaut aus dem Gleichgewicht geraten ist – zum Beispiel nach einer Antibiotikabehandlung. Antibiotika zerstören nicht nur bakterielle Krankheitserreger, sondern auch die „guten“ Darmbakterien. Probiotika unterstützen den Regenerationsprozess der Darmflora.

Kann man Probiotika dauerhaft verzehren? 
Probiotische Lebensmittel als Bestandteil einer ausgewogenen Ernährung haben einen positiven Effekt und können problemlos dauerhaft verzehrt werden. Dies ist sogar empfehlenswert, da sich Probiotika immer nur vorübergehend im Darm ansiedeln. Im Zuge einer Darmsanierung werden probiotische Produkte meist mindestens acht Wochen lang täglich verzehrt, sofern der behandelnde Arzt nichts anderes empfiehlt. 

Können Probiotika auch schaden? 

Probiotika sind in der Regel gut verträglich. Vor allem Menschen mit Immunschwäche oder bestimmten Autoimmunerkrankungen wie Morbus Crohn sollten sich in Bezug auf Auswahl und Zusammensetzung unbedingt von einem Arzt beraten lassen, um eine Fehlbesiedlung und eine daraus resultierende Bildung schädlicher Substanzen im Darm zu vermeiden. 

Welche Probiotika für eine Darmsanierung? 

Von Natur aus sind Milchsäurebakterien in einigen Lebensmitteln enthalten. Da aber nur ein geringer Teil von ihnen den Verdauungsprozess in Magen und Dünndarm überlebt, müsste man große Mengen davon zu sich nehmen, damit noch eine ausreichende Anzahl aktiver Kulturen den Darm erreicht. Alternativ stehen Milchsäurebakterien auch in Form von Kapseln oder Pulver zur Verfügung. Ihre magensaftresistente Ummantelung bewirkt, dass die Kulturen erst im Darm freigesetzt werden und dort ihre volle Wirkung entfalten.